Erneuerung der Gedenktafel am Geburtshaus von Bruno Apitz (A-00790/14)

Redebeitrag von Stadtrat Michael Weickert in der Ratsversammlung am 25.02.2015

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren Kollegen, verehrte Gäste.
„Erinnerung, Du Wächter des Gehirns.“ So hat es Shakespeare in seinem schottischen Stück einst treffend formuliert.

Die Erinnerung an Orte, Ereignisse und auch Menschen ist gerade hier in Leipzig eine stets hart geführte Debatte, wie besipielsweise die Debatte um die Umbenennung des Leuschnerplatzes in Platz der friedlichen Revolution gezeigt hat. Der hier vorliegende Antrag zur Anbringung einer Gedenktafel am Geburtshaus Bruno Apitz` ist für uns ein erneuter Anlass, über unser Verhältnis zur Vergangenheit vor 1989 zu reden.

Uns allen ist Bruno Apitz vor allem als Autor des Romans „Nackt unter Wölfen“, der vor allem den kommunistischen Widerstand im KZ Buchenwald literarisch verarbeitet, bekannt. Ich möchte dabei nicht außer Acht lassen, daß dieses Werk ebenso kritisch gesehen werden kann, da der millionenfache Mord an den europäischen Juden hier, wie es die Thomas-Mann-Preisträgerin Ruth Klügler formulierte „infantilisiert, verkleinert und verkitscht“ wurde.

Nun ist Literatur wie jede Kunst immer ein Produkt der Debatte und Auseinandersetzung. Keiner von uns hier in diesem Hause kann die Erlebnisse Apitz`im KZ nachempfinden, die in seinem Roman verarbeitet wurden.

Was wir aber nachempfinden können, ist das Befremden bei vielen, wenn solch eine Gedenktafel, die einem der Gründer der SED gewidmet wird, aus öffentlicher Hand finanziert werden soll. Es ist für uns keine Petitesse der Debatte, sondern dieser Antrag ist einem größeren Zusammenhang zu sehen.

Das letzte Jahr hat zum 25. Jubiläum der Friedlichen Revolution heftige Debatten über unsere Bewertung der DDR hervorgebracht. Und man kann die DDR nicht losgekoppelt von der SED und ihrer Verbrechen betrachten. Die pauschale Bezeichnung als „Unrechtsstaat“ mag historisch undifferenziert sein, doch trift sie politisch unsere Bewertung; die DDR war zumindest ein Staat, der auf massenhaftem Unrecht aufgebaut war.

Wenn Erinnerung hierbei in Bezug auf das Zitat eine Wächterfunktion haben soll, dann ist es eine legitime staatspolitische Frage, wer den Wächter überwacht. Denn Erinnerungskultur ist auch immer ein Gegenstand der Geschichtspolitik, ebenso wie die Ehrenbürger Apitz‘ ein Gegenstand dieser ist. Gewiss ist Apitz nach wie vor seit 1975 Ehrenbürger unserer Stadt, doch ist keine Ehrenbürgerwürde herauszulösen aus einer sich weiter entwickelnden Bewertung.

Wir müssen uns ernsthaft die Frage stellen, wie und wann wir der Zeit von 1945-1990 ehrlich gedenken wollen. Als Christdemokrat halte ich es für falsch, im 25. Jahr der Wiedervereinigung öffentliche Gelder für das Erinnern an einen Mitbegründer der SED auszugeben.
Ich möchte an dieser Stelle daher an SPD und Grüne in diesem Haus appellieren.

In der SPD vor allem an jene, die einst die SDP mitbegründet haben und wissen, was mit den Sozialdemokraten in der SED passierte. Und bei den Grünen appelliere ich an all jene, denen der Begriff „Bündnis90“ im Parteinamen noch etwas bedeutet. Seien sie nicht geschichtsvergessen und lehnen sie diesen Antrag ab.