Oberbürgermeister gegen Sporthalle für Engelsdorfer Schule

CDU-Stadtrat Jens Lehmann schreibt offenen Brief

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
zum Ortstermin am 15.11.2016 hofften der Engelsdorfer Ortschaftsrat, Vertreter des Stadtrates sowie die Schulleitung der Christoph-Arnold-Schule auf eine positive Entscheidung der Stadt Leipzig als Schulträger, welche die angespannte Platzsituation, insbesondere in der Turnhalle, im Interesse der Schüler sowie der Lehrerschaft löst. Wir wurden jedoch zutiefst enttäuscht. Zutiefst deshalb, weil Sie und Ihre Verwaltung uns lange im Glauben gelassen haben, dass Sie ernsthaft an der Lösung des Problems arbeiten und mit der Umnutzung einer vorhandenen leer stehenden Halle in der Hugo-Aurig-Straße eine zeitnahe Lösung für den Sportunterricht gefunden werden wird sowie möglicherweise noch zwei notwendige Unterrichtsräume entstehen. Am Dienstag jedoch kam von Ihnen die Absage mit der Begründung, die Kosten hierfür seien zu hoch. Hier sieht man einmal mehr, dass die Bekenntnisse zu einer kinder- und familienfreundlichen Stadt in großen Teilen der Stadtverwaltung scheinbar nichts mehr als leere Worthülsen darstellen.

Darf ich Sie daran erinnern, dass die Stadt Leipzig, deren Oberbürgermeister Sie sind, entsprechend Sächsischer Gemeindeordnung § 2 „Aufgaben der Gemeinde“ zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet ist. Zu diesen Pflichtaufgaben gehören auch die räumliche und technische Ausstattung der Schulen sowie der Erhalt dieser Infrastruktur inklusive des demografischen Anpassungsbedarfs. Sie schreiben selbst im Schulentwicklungsplan der Stadt Leipzig / Fortschreibung 2016: „So gesehen hat die Schulentwicklungsplanung der Stadt Leipzig, als Folge dieser staatlichen Aufgabenverteilung zwischen Freistaat und Gemeinden, vordringlich die Bereitstellung eines quantitativ und qualitativ hinreichenden Raumangebotes zu sichern.“ In der Bedarfsermittlung beschreiben Sie auch folgenden Handlungsbedarf für die Christoph-Arnold-Schule: „Der Schulstandort wird als stabil eingeschätzt. Der Bedarf an Grundschulplätzen wird prognostisch, über ca. neun Schuljahre, auf eine Fünfzügigkeit ansteigen. Zur Optimierung der Schülerströme wird eine Schulbezirksänderung ab dem Schuljahr 2017/18 zur Schule Holzhausen hin beabsichtigt. Zusätzlich wird noch eine Kapazitätserweiterung am Schulstandort geprüft. Für die Erhöhung der Sporthallenkapazität der Grundschule wird eine neue Sporthalle am Schulstandort avisiert.“

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, die Turnhallenkapazität der Grundschule ist seit über zehn Jahren erschöpft. Man kann also nicht von einem kurzfristig aufgetretenen Problem sprechen. Laut Aussagen der Stadtverwaltung im Ortschaftsrat gibt es bis zu 50% Ausfall des Sportunterrichts an der Grundschule und der Schule zur Lernförderung Engelsdorf. Die vorhandene Turnhalle entspricht nicht einmal den Anforderungen einer Dreizügigkeit, geschweige denn der vorhandenen Vierzügigkeit mit Tendenz zu fünf Klassen pro Jahrgangsstufe. Bei Doppelbelegung befinden sich ca. 50 Schüler z.T. unterschiedlicher Jahrgangsstufen in einer Turnhalle, welche gerade einmal etwas größer ist, als ein reguläres Volleyballfeld. Sie spielen Volleyball, sehr geehrter Herr Jung, stellen Sie sich bitte 24 weitere Mitspieler in Ihrer Spielfeldhälfte vor und auf der Gegenseite noch einmal so viele. Wie viel Bewegungsfreiheit haben Sie noch? Man kann mit 50 Schülern in dieser Halle nicht einmal ordentlich ein Ballspiel durchführen, geschweige denn Lehrplaninhalte wie turnerische oder leichtathletische Übungen umsetzen. Mit welchen Vorerfahrungen kommen unsere Grundschüler an die weiterführenden Schulen, an welchen dann beispielsweise das Turnen auf dem Balken oder erste Erfahrungen am Reck und in kleinen Spielen vorausgesetzt werden. Sehr geehrter Herr Jung, Sie waren einmal Lehrer, kommen Sie an die Grundschule Engelsdorf und zeigen Sie uns, wie man unter solchen Bedingungen Sport nach Lehrplan unterrichten kann. Oder besser, überdenken Sie Ihre Entscheidung in Ihrer Funktion als Oberbürgermeister unter den Gesichtspunkten, dass die geplante Halle deutlich größer wird als eine Einfeldhalle, dass damit endlich der Sportunterricht an der Christoph-Arnold-Schule sowie der Schule zur Lernförderung Engelsdorf regulär abgehalten werden kann, dass für Inklusion entsprechende Bedingungen geschaffen werden müssen, dass eine weitere Sporthalle die angespannte Hallensituation bei den Leipziger Sportvereinen etwas entspannt und dass zwei zusätzliche, dringend benötigte Klassenräume entstehen.

Mit freundlichen Grüßen
Jens Lehmann
Stadtrat der Stadt Leipzig